Reichenau am Bodensee

Reichenau - Gemüse-Insel am Bodensee

Die Insel Reichenau aus der Luft
Die Insel Reichenau aus der Luft
© Oberle Peter / pixelio.de  

Reichenau ist ein Ort auf der gleichnamigen Insel Reichenau und dem Festland am Untersee, zwischen Konstanz, Radolfzell, Allensbach und Mannenbach (Schweiz). Die Insel Reichenau ist 4,5 km lang, 1,5 km breit, liegt südlich der Halbinsel Bodanrück und ist seit 1838 über den Reichenaudamm mit dem Festland und dem dort liegenden Ortsteil Reichenau-Waldsiedlung verbunden.

Reichenau ist ein staatlich anerkannter, ruhiger und traditionsbewusster Erholungsort, der sehr viel Wert auf Kultur und Geschichte legt. Jedoch wird fast immer mit Reichenau nicht der Ort selbst, sondern die größte Bodenseeinsel, die Insel Reichenau, gemeint, die auch zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Gemeinde Reichenau besteht aus den fünf Bereichen Insel Reichenau, mit den Teilen Oberzell, Mittelzell und Niederzell, Waldsiedlung und Lindenbühl, dem Gewann Schlafbach, Zugwiesen und einem unbewohnten Waldgebiet. Der Ortsteil Waldsiedlung ist der wichtigste Teil auf dem Festland und verbindet die Insel mit der Halbinsel Bodanrück. Lindenbühl liegt etwas weiter östlich und besitzt fließende Übergänge in den Ortsteil Eichbühl von Konstanz. Die Streusiedlung Zugwiesen liegt am weitesten entfernt, zwischen Allensbach und Radolfzell am nördlichen Ufer des Gnadensees.

Schon die Zufahrt auf die Insel lässt ein Wohlgefühl aufkommen und versprüht den Charme der Gemeinde. Der Damm ist auf beiden Seiten von Pappeln flankiert und bietet eine wunderschöne Aussicht. Auf der linken Seite reicht der Blick über den Untersee bis hinüber an das Schweizer Bodenseeufer. Rechts schweift das Auge über den Gnadensee, an dessen Uferzonen sich ein breiter Schilfgürtel des Naturschutzgebietes Wollmatinger Ried befindet. Im Hintergrund ragen die Höhen des bewaldeten Bodanrück empor.

Kultur und Tradition

Blick vom Hochwart über die norwestliche Insel mit Weinreben, Gebäuden, dem Bodensee bis zu den Hegaubergen
Blick vom Hochwart über die norwestliche Insel mit Weinreben, Gebäuden, dem Bodensee bis zu den Hegaubergen
© Erich Keppler / pixelio.de  

Berühmt und touristisch interessant ist die Insel Reichenau insbesondere durch ihre romanischen Kirchen, aber auch durch den Anbau von qualitativ hochwertigen Gemüse, daher wird sie auch als "Gemüse Insel" bezeichnet. "Die Reiche Au", die reiche Insel, ermöglicht den fleißigen "Auern", bedingt durch ihre Lage, das Klima des Bodensees und ihren fruchtbaren Boden, bis zu drei mal im Jahr ernten zu können, was den traditionellen Weinanbau und Fischfang weit übertrifft. Dennoch befindet sich auf der Insel eine Fischbrutanstalt, die dazu beiträgt, den Fischbestand im Bodensee auf einem hohen Niveau zu halten.

Die Insel und deren Bewohner sind sehr traditionsbewusst, aber dennoch der modernen Technik aufgeschlossen. So finden sich auf der Insel viele Gewächshäuser, die mit modernster Technik ausgestattet sind. Bei den Unterkünften hingegen ist die Insel nicht so weit fortgeschritten - große Hotelanlagen suchen Urlauber vergebens. Die Reichenau bietet ihren Gästen dafür gemütliche kleine Hotels, Ferienwohnungen und privat geführte Pensionen.

Die tiefe Verankerung mit der Geschichte und der überlieferten Tradition spiegelt sich auch in den ansässigen Vereinen wieder - keine andere Gemeinde am Bodensee hat so viele davon, wie Reichenau, im Vergleich zu ihrer Größe. Interessant sind davon vor allem die Vorführungen der historischen Bürgerwehr, mit ihren Uniformen und Vorderladern, aber auch auch die einheimischen Trachtengruppen, die bei den Kirchenfesten auftreten. Diese besonderen Kirchenfeste, bei der die Reliquienschreine aus der Schatzkammer des Münsters mitgeführt werden, werden nur auf der Reichenau veranstaltet.

Geschichte des Klosters und der Reichenau

Die Klosterkirche auf der Insel Reichenau im Bodensee
Die Klosterkirche auf der Insel Reichenau im Bodensee
© Pegas / pixelio.de  

Reichenau kann auf eine lange und rege Geschichte zurückblicken, die sich vor allem um das Kloster dreht. Mit der Gründung des Klosters und der Klosterkirche im Jahr 724, durch den Hl. Pirmin, begann die Blütezeit von Reichenau und wurde bis heute stark durch die Benediktinerabtei geprägt. Das Kloster zählte neben dem Kloster St. Gallen lange als eines der wichtigsten in Süddeutschland. Die drei Kirchen, die nach der Klostergründung entstanden, sind noch heute Zeugen der religiösen, kulturellen als auch politischen Erfolge.

Unter Abt Waldo, ab 786, der gleichzeitig Bischof von Padua war, wurde die Reichenau zur karolingischen Abtei. Gleichzeit verhalf er der Klosterschule Reichenau zu einem guten Ruf und gründete die Klosterbibliothek. Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten Bauwerke außerhalb der Klosteranlage. Die Stiftskirche St. Peter und Paul wurde errichtet und 799 geweiht. Nach dem Tod von Egino von Verona im Jahre 802, der das Kloster zuvor um weitere Baulichkeiten erweiterte, wurde die Reichenau von Karl des Großen bis 803 als Gefängnis benutzt.

Der Ruhm und die Blütezeit der Reichenau hielt auch unter den nachfolgenden Äbten Heito, Erlebald, Walahfrid Strabo, Hatto I., Witigowo und Abt Berno bis in die Mitte des 11. Jh. an. 816 wurde das neu errichtete Münster eingeweiht. Walahfrid Strabo (838-849), ein Dichter, Gelehrter und Erzieher wurde durch sein Gartenbuch "de cultura hortorum", das auch als "Hortulus" bekannt ist, berühmt. In diesem Buch wurde in Reimen 24 Kulturpflanzen beschrieben, die heute Merkmal des "Kräutergärtle" am Münster sind. Abt Hatto I. (888-913) erhielt 896 die Georgsreliquie in Rom. In der Zeit des Abts Witigowo, 985 bis 997, wurde das Münster umgestaltet und die Oberzeller Fresken entstanden. Abt Berno (1008-1048) ließ das Westquerhaus am Münster errichten.

Die folgenden Jahrhunderte waren, wenigen Ausnahmen, nicht mehr so glorreich wie die vergangenen und das Kloster verlor an Bedeutung. Die Auflösung des Klosters erfolgt 1757 und 1803 wurde es säkularisiert. Seit 2001 ist das Kloster jedoch wieder von den "Cella St. Benedikt", einer kleinen Gemeinschaft an Benediktinern, bewohnt.

Sehenswürdigkeiten in Reichenau

Reichenau bietet vor allem die romanischen Kirchen, also Zeugen der vergangenen Zeit, aber auch andere Bauten die sehenswert sind. So etwa das alte Rathaus im Zentrum, aus dem 14. Jh, in dem heute ein Museum untergebracht ist oder direkt am Damm, die Festungsruine Schopfeln aus dem 10 Jh. und die neuzeitliche Skulptur des Bischofs Primin. Im Süden der Insel befindet sich das im 16. Jh. errichtete Schloss Königsegg, in dessen Schlossgarten im Sommer Theateraufführungen dargeboten werden.

Münster St. Maria und Markus

Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des traditionsbewussten Reichenau sind die drei Kirchen und das Kloster die die lebendige Geschichte erzählen. Unweit des Zentrums entfernt, in der Nähe des alten Rathauses, erhebt sich das Münster St. Maria und Markus, das an der Stelle der ehemaligen Klosterkirche errichtet wurde. Die alten Klostergebäude direkt vor dem Münster stammen aus dem 17. Jh und dienen heute als Rathaus. Der romanische Kirchenbau des Münsters stammt aus dem 8. und dem 11. Jahrhundert, nur der Chor und die Schatzkammer sind noch aus der gotischen Zeit erhalten.

Sehenswert sind vor allem die Abtsgrabsteine im westlichen Querschiff sowie die Kreuzigungsgruppe aus dem 17. Jh. In der Mitte des Querschiffes befindet sich die Grabplatte des Abtes Berno, hinter der sich der 1477 errichtete Markusalter mit den Reliquien des Heiligen befindet. Direkt über dem Altar befindet sich die beeindruckende Kaiserloge, von der aus ehemals die Reliquie präsentiert wurden.

Empfehlenswert ist auch die Schatzkammer. Sie befindet sich in der einstigen Sakristei, in der sich auch das romanische "Oberzeller Kreuz", fünf gotischen Reliquienschreine und ein, im 5. Jh. gefertigter, Hostienbehälter aus Elfenbein befinden.

Kirche St. Georg

Blick auf die St. Georgskirche auf der Reichenau in Oberzell
Blick auf die St. Georgskirche auf der Reichenau in Oberzell
© Barbara Großmann / pixelio.de  

Die karolingische Säulenbasilika St.-Georg-Kirche befindet sich in Oberzell und wurde von Abt Hatto III. gegen 900 errichtet. Ihre romanischen Elemente und Anbauten stammen aus dem 11. Jh, die gotischen Zierelemente aus dem 15. Jh.

Beeindruckend in der St. Georg-Kirche sind vor allem die vielen Wandbilder, die noch aus der Blütezeit, der ottonischen Zeit im 10 Jh., stammen. Dargestellt werden Brustbilder von Äbte, deren Amtsgewalt Bücher in ihren Händen symbolisieren, inmitten der massiven Rundsäulen und den räumlich anmutenden Mäanderfriesen. Direkt über den Brustbildern befinden sich acht weitere Bilder, die die Wundertaten Christo verbildlichen, die Heilung von Kranken und die Wiederauferstehung.

Daneben befinden sich in der St. Georg-Kirche noch weitere beeindruckte Wandmalereien, die jedoch aus einer früheren Zeit stammen. Imposant ist dabei vor allem die Darstellung des "Geschwätz der Frauen", welches Teufel auf die sogenannte "Kuhhaut" schreiben.

Stiftskirche St. Peter und Paul

Als drittes romanisches Gotteshaus befindet sich die ehemalige Stiftskirche St. Peter und Paul in Niederzell. Sie entstand gegen 1100 auf dem Grund einer ehemaligen Basilika aus dem 8. Jh. Nach dem Bau wurde die Stiftskirche modernisiert, bei der die ursprüngliche Flachdecke wurde durch ein stuckiertes Barockgewölbe ersetzt wurde.

Mit dem Umbau der Stiftskirche wurden jedoch auch historisch wertvolle romanische Fresken aus dem 12. Jh. freigelegt. Diese befinden sich in der Apsis vom Mittelschiff. In der Mitte befindet sich das Bild "Christus in der Mandorla", das umgeben wird von Symbolen der vier Evangelisten und den beiden Kirchenpatronen. Darunter werden die zwölf Apostel und Propheten des Alten Testaments gezeigt.

Freizeitmöglichkeiten und Ausflugsziele

Blick auf die St. Georgskirche auf der Reichenau in Oberzell
Idyllischer Uferbereich der Reichenau mit Schilf und Blumen
© Erich Keppler / pixelio.de  

Reichenau und seine Insel bietet Urlaubern die verschiedensten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, die für einen Ort am Bodensee selbstverständlich sind. Neben Sport- und Tennisplätzen, zählen so auch ein Sportboothafen, eine Surf- und Segelschule, eine Bootsvermietung sowie ein eigenes Strandbad zu den gebotenen Möglichkeiten.

Auch Wanderungen und Touren mit dem Fahrrad sind in der Region und auf der Insel möglich, etwa auf den 43 Meter hohen "Hochwart", den höchsten Punkt der Insel. Der Hochwart bietet als Belohnung ein wunderschöne Aussicht über die Insel und den Untersee, mit dem Gnadensee im Norden, den Zellersee im Westen und den Rheinsee im Süden.

Größere Wanderungen und Tagesausflüge sind außerhalb der Insel möglich. Ausgangspunkt dafür ist idealerweise der Ortsteil Waldsiedlung direkt am Damm, etwa in den Wollmatinger Ried, der mit 760 ha der größte Schilfwald am Bodensee ist. Allerdings kann das Naturschutzgebiet, zum Schutz der dort heimischer Tier- und Pflanzenwelt, nur mit eine Führung betreten werden. Wer an dieser Führung nicht teilhaben möchte, der findet ca. einen Kilometer entfernt auch einen Aussichtspunkt, von dem aus der Ried überblickt werden kann.

Schiffsausflüge von der Insel Reichenau aus sind ebenso möglich. Eine kleine Personenfähre verbindet die nördliche Insel mit Allensbach und die Solarfähre verkehrt im Süden zwischen Reichenau und Mannenbach.

Ausflugsziele in der Umgebung von Reichenau